Villingens Christian Derflinger: "Alle fünf Ligen waren nicht geplant"
Zum Abschluss der Hinrunde in der Regionalliga Südwest steht am Samstag ab 14 Uhr im Rahmen des 17. Spieltages das "Spiel der Woche" zwischen dem Aufsteiger FC 08 Villingen und dem Bahlinger SC ganz besonders im Fokus. In diesem Kellerduell hat das Schlusslicht Heimrecht gegen den Tabellenvorletzten. Beide Vereine wollen möglichst mit einem Sieg den Anschluss zu den Nichtabstiegsplätzen halten.
Seit dieser Saison steht Christian Derflinger beim FC 08 Villingen unter Vertag. Der 30-jährige Mittelfeldspieler ist der einzige Kicker, der schon in allen fünf Regionalligen-Staffeln in Deutschland am Ball war. Im aktuellen Regionalliga Südwest-Interview spricht Derflinger über Pep Guardiola, seine Frau Rebeca und jede Menge Lebenserfahrung.
Hallo Christian! Durch die 1:3-Niederlage bei der TSG Hoffenheim II ist der FC 08 Villingen auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht. Wie gefährlich schätzt Du die Lage vor dem letzten Spiel der Hinrunde ein?
Christian Derflinger: Wir haben noch vier Spiele bis zur Winterpause, müssen vor allem in den drei Heimspielen unbedingt punkten, um erstens die "Rote Laterne" abzugeben und im besten Falle in der Tabelle weiter nach oben zu klettern. Ich habe schon gehofft, dass wir in der Winterpause über dem Strich stehen und insgesamt eine bessere Saison spielen.
Du bist im Sommer vom Ligakonkurrenten Kickers Offenbach nach Villingen gewechselt. Hast Du Dir die Aufgabe so schwer vorgestellt und woran hapert es?
Derflinger: Für einen Aufsteiger ist es immer schwer, sich gegen die etablierten Teams durchzusetzen. Außerdem haben wir viele Spieler im Kader, für die diese Liga Neuland war. Uns allen war deshalb klar, dass unser Ziel nur Klassenverbleib heißen kann. Die Lage ist vor allem deshalb schwierig, weil wir unsere Chancen nicht effektiv nutzen und zu viele Gegentore kassieren. Außerdem haben wir krasses Verletzungspech. So fällt unser Stammtorhüter Andrea Hoxha wegen eines Kreuzbandrisses für die komplette Saison aus. Auch die Innenverteidiger Fabio Liserra, Tim Zölle und Jonas Busam werden erst im nächsten Jahr zurückerwartet.
Als gebürtiger Österreicher hat es Dich früh nach Deutschland gezogen, ausgebildet wurdest Du beim FC Bayern München. Mit welchen Erinnerungen blickst Du darauf zurück?
Derflinger: Ich habe mit 14 Jahren meine Heimat Linz verlassen und beim FCB in der Jugend unter anderem mit dem aktuellen Nationalspieler Emre Can zusammengespielt. Insgesamt war es eine sehr schöne und erfolgreiche Zeit. Unter den Trainern Erik ten Hag und Mehmet Scholl habe ich noch zwei Jahre für die U 23 gespielt, wurde dort Meister in der Regionalliga Bayern. Leider sind wird dann in den Aufstiegsspielen hauchdünn an Fortuna Köln gescheitert. Unter Cheftrainer Pep Guardiola durfte ich auch zwei Testspiele für die Profis bestreiten. Es war schon etwas Besonderes, mit Thomas Müller oder Thiago auf dem Platz zu stehen. Aber am Ende habe ich den Durchbruch nicht geschafft. Von daher ist nicht alles perfekt gelaufen.
Auffällig ist, dass Du als einziger Spieler in allen fünf Regionalligen in Deutschland am Ball warst. Ist das Zufall oder Kalkül?
Derflinger: Geplant hatte ich es auf jeden Fall nicht, sondern es hat sich einfach so ergeben. Um ganz ehrlich zu sein: Dass ich der einzige aktuelle Viertliga-Spieler bin, der das von sich behaupten kann, wusste ich gar nicht. Nach meiner Zeit beim FC Bayern bin ich zum Hamburger SV gewechselt, damit hatte ich die Regionalliga Nord abgehakt. (lacht) Danach bin ich zunächst nach Österreich zurückgekehrt, habe mit dem SV Grödig in der dortigen Bundesliga gespielt. Anschließend ging es zur SpVgg Greuther Fürth, für die ich als U 23-Spieler auch zwei Zweitliga-Partien absolvierte. Dann bekam ich ein Angebot aus der Regionalliga West, bin mit dem FC Viktoria Köln in die 3. Liga aufgestiegen. Auch mit dem SV Rödinghausen wurde ich unter Trainer Enrico Maaßen Meister der West-Staffel, allerdings verzichtete der Klub auf die möglichen Aufstiegsspiele. Dass es mich anschließend auch noch in die Regionalliga Nordost verschlägt, hätte ich selbst nicht gedacht, aber die VSG Altglienicke verfolgte mit dem damaligen Trainer Karsten Heine hohe Ziele. Dort hatte ich mit zehn Toren und zehn Vorlagen ein erfolgreiches Jahr. Nach meinen Wechseln zu Kickers Offenbach und zuletzt zu meinem jetzigen Verein FC 08 Villingen habe ich alle jetzt fünf Regionalligen durch. (lacht)
Was waren die Gründe, warum es Dich in die Regionalliga Südwest gezogen hat?
Derflinger: Ich wollte zurück in den Süden, um so näher an meinem Heimatland zu sein. Außerdem habe ich vor eineinhalb Jahren geheiratet, lebe jetzt mit meiner Frau Rebeca zusammen.
Macht Dich dieses Alleinstellungsmerkmal auch ein wenig stolz?
Derflinger: Stolz ist das falsche Wort. Ich wäre auch gerne mal länger an einem Ort geblieben. Ich bin aber froh, dass ich während meiner Laufbahn auf meinen verschiedenen Stationen so viele Erfahrungen sammeln durfte. Ich habe in Deutschland viele Regionen kennengelernt, was mich in Sachen Lebenserfahrung weitergebracht hat.
Würdest Du Dich selbst als einen reisefreudigen Menschen bezeichnen?
Derflinger: Ich auf jeden Fall war immer offen für neue Sachen, wollte möglichst viele Orte und Menschen kennenlernen. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich relativ früh mein Zuhause verlassen hatte und daher eine krasse Heimatverbundenheit nie verspürt habe.
Wo hat es Dir denn am besten gefallen?
Derflinger: Beim österreichischen Erstligisten SV Grödig, der direkt neben Salzburg beheimatet ist, hatte ich eine sehr schöne Zeit. Es war eine coole Erfahrung, in der ersten Liga zu spielen, auch wenn wir am Ende abgestiegen sind. Bei Viktoria Köln habe ich einen Aufstieg miterlebt und fand auch das internationale Flair der Stadt sehr schön. Aber die schönste Stadt, in der ich gelebt habe, ist München.
Wie groß sind die Unterschiede in den jeweiligen Regionalligen?
Derflinger: Die Regionalligen Südwest und West sind aus meiner Sicht am stärksten, haben durch die zahlreichen Traditionsvereine auch hohe Zuschauerzahlen. Im Nordosten wird ebenfalls attraktiver Fußball gespielt. In den anderen beiden Ligen sind nicht so viele ambitionierte Vereine vertreten. Die Qualität und Leistungsdichte ist nicht ganz so hoch.
Am Samstag steht das Kellerduell gegen den Bahlinger SC an. Welchen Stellenwert hat diese Begegnung?
Derflinger: Für beide Mannschaften steht unglaublich viel auf dem Spiel. Wenn wir nicht als Sieger vom Platz gehen, wäre das ein großer Rückschlag. Ich erwarte deshalb eine sehr intensive Partie, in der es richtig zur Sache gehen wird.
Wie müsst Ihr auftreten, damit die drei Punkte in Villingen bleiben?
Derflinger: Wir müssen als Mannschaft gut verteidigen, dürfen nur wenig zulassen und müssen vorne unsere Chancen eiskalt nutzen.
Autor: Peter Haidinger/MSPW
Die an dieser Stelle vorgesehenen Inhalte können aufgrund Ihrer aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt werden.
Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Diese Webseite verwendet Cookies, um Besuchern ein optimales Nutzererlebnis zu bieten. Bestimmte Inhalte von Drittanbietern werden nur angezeigt, wenn die entsprechende Option aktiviert ist. Die Datenverarbeitung kann dann auch in einem Drittland erfolgen. Weitere Informationen hierzu in der Datenschutzerklärung.